Alte Spinnerei Kolbermoor - Bauruine wird Ort der Begegnung
Jan 12

Von der Industrieruine zum Ort der Begegnung

Architektur, Lebensart

Architektenforum im werkhaus mit Maximilian Werndl

In einem unterhaltsamen Vortrag, gab Maximilian Werndl Einblick in die Entstehungsgeschichte der alten Spinnerei in Kolbermoor. Wie entsteht aus einem 200.000 m² großen, verwahrlostem Industriegelände einer alten Spinnerei eine moderne, homogene und lebenswerte Wohnanlage mit zeitgemäßer Infrastruktur? Wie schmal ist der Grad zwischen Vision und Wahnsinn?

Als Sohn von Thomas Werndl und Gründer von Werndl & Partner, hat die Revitalisierung der „alten Spinnerei Kolbermoor“ sein Leben bis heute geprägt und begleitet. Maximilian Werndl erzählte von der Zeit als minderjähriger Gesellschafter, von bitteren Fehlschlägen, wundersamen Fügungen, unbeantworteten Sinn-Fragen und teuren Lerngeschenken. Von der Jagd nach dem heiligen Gral, dem Gesamtkonzept – und wie dann natürlich alles anders kam und doch besser war.

Die Architekten erfuhren viel über die einzelnen Bauphasen und deren Herausforderungen und dass neben Innovation und Ideenreichtum vor allem Hartnäckigkeit, Geduld und Optimismus dazu nötig sind ein Projekt dieser Größe umzusetzen und so einen wichtigen Teil der Geschichte unserer Heimat in Oberbayern nahe dem Inntal für die Zukunft zu bewahren, Identität zu stiften und Werte zu entwickeln.

Das Herz schlägt wieder

Lange stand das Areal der alten Spinnerei leer. Anfang der 1990 Jahre schloss der Betrieb für immer seine Pforten. Hinter einem Bauzaun dämmerten die Gebäude im Dornröschenschlaf.

Die Natur hatte sich das brachliegende Gelände längst zurückerobert

Der Zustand im Jahre 2005 zu Beginn der Renovierung

2005 kam Bewegung in die alte Industriebrache. Klaus und Thomas Werndl setzen ihre Vision in die Tat um und kauften die alte Bauruine. Ein Teil des Baubestands wurde abgerissen, erfreulich viel aber konnte saniert werden.

Originalaufnahme des 1899 entstandenen „Neubaus“ mit Uhr

Heute stehen diese Gebäude unter Denkmalschutz. Ein Highlight ist der sogenannte „Neubau“ aus dem Jahr 1899, der Nachfolger des ersten, abgebrannten Spinnereigebäudes. Eindrucksvolle, liebevoll renovierte Ziegelaußenmauern prägen das Industriegebäude direkt am Kanal. Die hohen Fenster sind genauso erhalten wie die alte Uhr hoch oben an der Ostfassade, die noch genauso aussieht wie auf den alten Bildern von vor hundert Jahren.

Die alte Fassade aus gemauerten Ziegeln wurde größtenteils erhalten.

Transformation in die Moderne

Aus der Bauruine wurde ein Schmuckstück mit modernen Büroflächen und Loftwohnungen. Gemeinsam mit den ebenfalls restaurierten Gebäuden des ehemaligen Pförtnerhauses, des Garnmagazins und des Wasserkraftwerks der Spinnerei bildet der Neubau ein stimmiges Ensemble auf der Spinnereiinsel.

Die Atmosphäre ist durchzogen von Kreativität und einem einzigartigen Flair, das die Verbindung zwischen der industriellen Vergangenheit und der zeitgenössischen Kultur widerspiegelt. Neben den kreativen Aspekten bietet die revitalisierte Spinnerei auch ein attraktives Wohnkonzept.

Die alten Fabrikgebäude beherbergen jetzt moderne und stilvolle Wohnungen, die den Charme der Geschichte mit zeitgemäßem Komfort verbinden. Die Bewohner können somit nicht nur die Vorzüge urbanen Wohnens genießen, sondern auch Teil einer lebendigen Gemeinschaft werden.

Ein Ort der Begegnung

Auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals ist im ehemaligen Kessel- und Turbinenhaus ein großer Raum für Events entstanden. Erhalten wurde der alte Kessel und der hohe Kamin weist Besuchern den Weg auf das Gelände.

Davor wurde ein schöner Garten mit einem Pavillon in der Mitte angelegt. Insgesamt ist die alte Spinnerei zu einem lebendigen Zentrum geworden, das Tradition und Moderne auf harmonische Weise vereint. Einst ein Ort der industriellen Garnproduktion, erstrahlt die alte Spinnerei heute in neuem Glanz und bietet eine vielfältige Mischung aus Cafés, Läden und Restaurants, Arbeit, Wohnen und Vergnügen.

Der Wandel von der industriellen Vergangenheit hin zu einem Ort der Begegnung mit Kreativität und Vielfalt macht die alte Spinnerei zu einem besonderen Ort, auf den die Bewohner und Besucher gleichermaßen stolz sind.

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